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Fairness in der Personalauswahl:
Ein Rückblick auf den ersten Round Table am 25.04.2023

Ein ausgewählter Kreis von Expert*innen, darunter Personalverantwortliche, Diversity-Beauftragte und Mitarbeitende, die sich mit Diskriminierung und Chancengleichheit befassen, kamen am 25. April 2023 zum ersten Round Table zusammen, um über das Thema “Fairness im Personalwesen” zu diskutieren. Die Veranstaltung war geprägt von spannenden Diskussionen und dem Austausch von Ideen, wie Unternehmen und Organisationen eine faire und diverse Arbeitsumgebung schaffen können. In diesem Blogbeitrag werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Erkenntnisse und Lösungsansätze, die während des Round Table hervorgebracht wurden.

 

Was bedeutet Fairness? Zu den unternehmensspezifischen Auslegungen

 

Die Teilnehmenden des Round Table waren sich einig, dass Fairness im Personalwesen ein vielschichtiges und unternehmensspezifisches Konzept ist, das von Organisation zu Organisation unterschiedlich ausgelegt werden kann. Es wurde festgestellt, dass dieses mit weiteren Begriffen wie Transparenz und Vertrauen verbunden ist - die verbundenen Konzepte müssen laut Teilnehmenden jedoch auch an die diversen Biographien und verschiedenen Lebensphasen der Bewerbenden orientiert werden - beispielsweise unterschiedliche (sozioökonomische) Hintergründe. Zudem stellt sich im Zusammenhang mit HR 4.0 die Frage, welche dieser Konzepte sich in Technologien einschreiben bzw. wiederfinden lassen können, insbesondere wenn diese unternehmensspezifisch ausgelegt sein sollen. Diese Diskussion führte zu einer Unterscheidung der Begriffe “Fairness” und “Diversity”. Fairness wurde als eine grundlegende Haltung beschrieben, während Diversity als die Umsetzung von Fairness in organisatorischen Strukturen betrachtet wurde. Es wurde betont, dass Diversität nicht nur ethisch, sondern auch ökonomisch relevant ist. Unternehmen, die eine vielfältige Belegschaft haben, sind besser aufgestellt, um Herausforderungen und Krisen zu bewältigen.

 

Fairness durch Standardisierung und Monitoring?

 

Um Guidance und Transparenz im Personalwesen zu schaffen, wäre die Standardisierung der Auswahlverfahren ein Ansatz für mehr Chancengerechtigkeit, insbesondere um unconscious bias - unbewussten Denkmuster bzw. Verzerrungen entgegenzuwirken. Hierfür sei es laut einer Teilnehmenden wichtig ein Monitoring der Recruiting-Kanäle zu schaffen, d.h. sich der Frage zu widmen, welche Bewerbenden sich über welche Kanäle beworben haben, um im Weiteren zu erfassen, ob möglicherweise schon im ersten Schritt, dem Sourcing, bestimmte Personengruppen, beispielsweise solche mit Migrationserfahrung/-hintergrund nicht angesprochen wurden. Aus einer Forschungsperspektive ist es interessant, dass Teilnehmende insbesondere das Sourcing in den Vordergrund gestellt haben, zumal Unternehmen über die verschiedenen Beschaffungskanäle, wie beispielsweise Linkedin, kaum Informationen über die Bewerbenden und entsprechende Gruppenzugehörigkeiten erfahren. Hier bedarf es an weiterer Forschung - nicht zuletzt auch aus rechtlicher Perspektive: welche Merkmale dürfen Arbeitgebende erheben und auswerten bzw. welche nicht und wie lange dürfen die Daten gespeichert werden? Es wurde in diesem Zusammenhang auch darüber diskutiert, wie Stellenanzeigen so formuliert werden können, dass niemand ausgeschlossen wird bzw. sich ausgeschlossen fühlt.

 

Zwischen Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit

 

Zudem betonen die Teilnehmenden, dass für Fairness entsprechende Ressourcen bereitgestellt werden müssen - zum Evaluieren, aber auch für Fortbildungsmaßnahmen. Insgesamt stellt sich die Herausforderung der Gleichbehandlung von Personen mit ungleichen Verhältnissen heraus - wie lassen sich gleiche Regeln für Personen mit ganz unterschiedlichen Ausgangslagen schaffen? So wird das Spannungsfeld “equality und equity” adressiert, Begriffe, die zwischen Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit bzw. Teilhabegerechtigkeit unterschieden und implementiert werden müssen. In diesem Zusammenhang wurde die Unterscheidung zwischen Ergebnisgerechtigkeit (in Bezug auf das Endresultat einer Entscheidung), Verfahrensgerechtigkeit (transparente Prozesse) und Verteilungsgerechtigkeit (Vergleich mit anderen Mitarbeitenden) vorgenommen. Eine der herausfordernden Fragen, die während des Round Table aufgeworfen wurden, war die Einführung von Quoten sowie einer erfolgreichen Repräsentation der Interessen von Mitarbeitenden, insbesondere wenn es um die Umsetzung von Technologie und die Erreichung von Diversity-Zielen geht. Einige Teilnehmende berichten von ihrer Erfahrung mit Arbeitnehmervertretungen und Personalräten, wobei es wichtig ist, dass diese heterogen besetzt sind, um die Bedürfnisse aller Mitarbeitenden zu vertreten.

 

Technologie im Personalwesen: Chancen und Risiken

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der diskutiert wurde, war die Frage, wie Technologie im Personalwesen eingesetzt werden sollte. Es wurde betont, dass bei der Nutzung von KI und Technologie im Allgemeinen Vorsicht geboten ist, um unbewusste Vorurteile zu vermeiden. Die Teilnehmenden äußerten Bedenken, dass Systeme der Künstlichen Intelligenz möglicherweise nicht in der Lage sind, komplexe Entscheidungen auf angemessene Weise zu treffen und dass menschliche Interaktion weiterhin wichtig ist. Es wurde festgestellt, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen standardisierten Verfahren und der Berücksichtigung der spezifischen Unternehmenskultur gefunden werden muss. Zudem wurde die Bedeutung von Daten und Analysen zur Identifizierung und Verhinderung unbewusster Diskriminierung betont - u.a. wie die technischen Systeme trainiert werden (anhand welcher Daten) und ob es mögliche Datenlücken gibt, wie es beispielsweise der gender data gap aufzeigt.

 

Zukunftsperspektiven: Fairness im Bereich HR 4.0

 

Zusammenfassend gilt festzuhalten, dass der erste Round Table zum Thema “Fairness im Personalwesen” eine Vielzahl von Perspektiven und Lösungsansätzen offenbart hat. Dabei wurde die Bedeutung von KPIs und Analytik betont, um die Fortschritte in Richtung mehr Diversität und Chancengleichheit erfassen zu können, über die wir in den weiteren Round Tables sprechen möchten. So war der erste Round Table ein wichtiger Schritt, um die praktischen Schilderungen zu analysieren und mit den weiteren Erkenntnissen der Round Tables zu flankieren. Die nächste Diskussionsrunde wird anknüpfend folgende Fragen adressieren: Wie können wir sicherstellen, dass der Einsatz von Technologien zu mehr Fairness führt? Welche Kennzahlen sollten wir verwenden, um Fairness zu überprüfen? Welche Herausforderungen ergeben sich bei der Überprüfung von Technologien hinsichtlich Fairness?

 

Diese und weitere Fragen nehmen wir uns beim Round Table am 5.6.2023 an, der online via Zoom stattfinden wird.

 

Für die Anmeldung können Sie eine kurze E-Mail an Ivana Müller (Ivana.Mueller@HTW-Berlin.de) senden. Leiten Sie diese Information gerne auch an interessierte Kolleg*innen, Kund*innen und Bekannte weiter.

 

Wir freuen uns auf weitere rege Diskussion und den Austausch verschiedener Perspektiven und Erfahrungswerte aus der Praxis.

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